Masern
Die Masernerkrankung wird durch ein humanpathogenes RNA-Virus hervorgerufen, das zur Gattung der Morbilliviren der Familie der Paramyxoviren gehört. Das Masernvirus ist sehr empfindlich gegenüber äußeren Einflüssen, wie erhöhten Temperaturen, Licht, UV-Strahlen, fettlösenden Substanzen und Desinfektionsmitteln.
Vor Einführung der Impfungen gegen Masern zu Beginn der 1960er Jahre wurden Masernepidemien alle 2-3 Jahre beobachtet. Jährlich traten weltweit geschätzt 2-3 Millionen masernbedingte Todesfälle auf. Schätzungen ergaben, dass zwischen 2000 und 2017 weltweit rund 21 Millionen Todesfälle durch Impfungen gegen Masern verhindert werden konnten. Trotzdem stellen die Masern weiterhin global eine wesentliche Todesursache für Kinder dar. Trotz einer seit Jahrzehnten verfügbaren, sicheren und wirksamen Impfung starben im Jahr 2018 mehr als 140.000 Menschen aufgrund der Masern, insbesondere Kinder im Alter von bis zu 5 Jahren.
In den letzten Jahren ist es in der europäischen WHO-Region und global zu einem erneuten massiven Anstieg der Masernfälle gekommen. Im Jahr 2018 erkrankten in der europäischen WHO-Region rund 89.000 Menschen an den Masern, über die Hälfte der Fälle (rund 60%) wurden hospitalisiert, 74 Menschen verstarben. Die Masernfallzahl lag dreimal so hoch wie im Jahr 2017 und 15mal höher als im Jahr 2016. Im Jahr 2019 wurden sogar 103.000 Masernfälle aus der Region übermittelt.
Gleichzeitig waren allerdings auch die durchschnittlichen Impfquoten in der europäischen WHO-Region so hoch wie nie. Es bestehen jedoch große Unterschiede zwischen den einzelnen Staaten und Regionen. Ungenügende Impfquoten in einzelnen Staaten mit fehlenden Nachholimpfungen führten mit der Zeit zu einer steigenden Anzahl von ungeschützten Personen in der Bevölkerung und zu diesen Rekordzahlen in den letzten Jahren. Der amerikanischen WHO-Region, wo die Masern offiziell seit 2016 als eliminiert galten, musste der Eliminationsstatus aufgrund langer Infektionsketten insbesondere in Venezuela und Brasilien wieder aberkannt werden.
Welche und wie viele Menschen in einem Land an den Masern erkranken, ist in erster Linie abhängig von der Immunität in der Bevölkerung, den Geburtsraten sowie der Bevölkerungsdichte. Je seltener die Viren aufgrund einer steigenden Immunität in der Bevölkerung zirkulieren, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass suszeptible Personen erst im Jugendlichen- oder Erwachsenenalter an den Masern erkranken.
Infektionsweg
Masern – eine der ansteckendsten Krankheiten des Menschen überhaupt – werden durch das Einatmen infektiöser Tröpfchen (Sprechen, Husten, Niesen) oder aerogen über Tröpfchen sowie durch Kontakt mit infektiösen Sekreten aus Nase oder Rachen übertragen. Das Masernvirus führt bereits bei kurzer Exposition zu einer Infektion und löst bei fast allen ungeschützten Infizierten eine klinische Symptomatik aus (secondary attack rate: >90%).
Masernviren wurden nach Kontamination noch nach 2 Stunden in der Luft nachgewiesen. Ansteckungen von Personen, die sich in den gleichen Räumen aufgehalten hatten wie ein an Masern Erkrankter, ohne dass ein direkter Kontakt stattgefunden hatte, wurden beschrieben. Ein direkter Kontakt ist also nicht für die Übertragung der Masern erforderlich.
Inkubationszeit
Die Inkubationszeit beträgt 7- (selten) 21 Tage, im Mittel 10-14 Tage bis zum Beginn des katarrhalischen Stadiums und 14-17 Tage bis zum Ausbruch des Exanthems.
Klinische Symptomatik
Masern sind eine systemische Virusinfektion mit zweiphasigem Krankheitsverlauf. Sie beginnen mit einem sog.katarrhalischen Stadium, in dem Fieber, Konjunktivitis, Schnupfen, Husten auftreten. Pathognomonisch für die Masern ist ein ebenfalls in dieser Phase auftretendes Enanthem an der Mundschleimhaut, die sogenannten Koplik-Flecken (kalkspritzerartige weiße Flecken). Das charakteristische makulopapulöse Masernexanthem der Haut (bräunlich-rosafarbene konfluierende Flecken) entsteht am 2.-4. Tag nach Auftreten der initialen Symptome. Es beginnt im Gesicht und hinter den Ohren und bleibt 4-7 Tage bestehen. Beim Abklingen ist oft eine kleieartige Schuppung zu beobachten. Am 5.-7. Krankheitstag kommt es zum Temperaturabfall. Eine Masernerkrankung hinterlässt lebenslange Immunität. Der Nestschutz ist bei Kindern von geimpften Müttern häufig 3-4 Monate nach der Geburt nicht mehr nachweisbar. Säuglinge und Kleinkinder sowie Erwachsene ab 20 Jahren haben ein höheres Risiko im Rahmen einer Masernerkrankung Komplikationen zu erleiden.
Eine besonders schwerwiegende Komplikation ist die akute postinfektiöse Enzephalitis, zu der es in etwa 1 von 1000 Fällen kommt. Sie tritt etwa 4-7 Tage nach Beginn des Exanthems mit Kopfschmerzen, Fieber und Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma auf. Bei etwa 10-20% der Betroffenen endet sie tödlich, bei etwa 20-30% muss mit Residualschäden des Zentralen Nervensystems (ZNS) gerechnet werden.
Dauer der Ansteckungsfähigkeit
Die Ansteckungsfähigkeit beginnt bereits 4 Tage vor Auftreten des Exanthems und hält bis 4 Tage nach Auftreten des Exanthems an. Unmittelbar vor Erscheinen des Exanthems ist sie am größten.
Diagnostik
Für Masern besteht ein Eliminationsziel der WHO. Deswegen soll in jedem Verdachtsfall eine Laboruntersuchung erfolgen. Bitte senden Sie bei Verdacht auf Masern Rachenabstrich, Urin und Serum an ein Labor, das Diagnostik und ggf. Genotypisierungen durchführt, wie zum Beispiel das NRZ MMR am RKI (Link: Nationales Referenzzentrum für Masern, Mumps, Röteln am Robert Koch-Institut). (Link: Nationales Referenzzentrum für Masern, Mumps, Röteln am Robert Koch-Institut).
Das klinische Bild der Masern kann mit anderen exanthematischen Erkrankungen wie Röteln, Ringelröteln und Scharlach verwechselt werden.
Therapie
Eine spezifische antivirale Therapie gegen Masern gibt es nicht. Die symptomatische Therapie ist abhängig von der Organmanifestation. Neben fiebersenkenden Medikamenten ist bei bakteriellen Superinfektionen, z.B. Otitis media und Pneumonie, eine antibiotische Therapie indiziert.
Eine Vitamin-A-Gabe kann grundsätzlich die Mortalität bei Kindern zwischen 6 Monaten und 5 Jahren mit vorliegendem Vitamin-A-Mangel senken.
Quelle: rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Masern